Hutchinson Caracal Race Testbericht – Der perfekte Allroad-Reifen?

Puh, schon wieder Mitte März.

Das Jahr schreitet in großen Schritten voran, und ich hänge mal wieder hinterher mit meinen Reviews. Ich habe schon einiges getestet, also wird es hier in nächster Zeit wieder mehr zu lesen geben. Aber jetzt erst mal zum Reifen, der mich durch Herbst und Winter begleitet hat: den Hutchinson Caracal Race.

Technische Daten

  • Preis: 48 € (Stand 17.03.25, Bike-Import) (selbst gekauft)

  • Gewicht: Herstellerangabe 475 g – nachgewogen ca. 480 g

  • Größe: 700 x 40C (ETRTO 40-622) – bisher einzige erhältliche Größe

  • Breite auf Felge: 41 mm auf einer 25 mm Maulweite

  • Max. Druck: 3,5 Bar (51 Psi)

Wer ist Hutchinson?

Hutchinson ist ein französischer Reifenhersteller mit einer langen Geschichte – seit 1853 werden hier Reifen produziert. Bereits 1890 rollten die ersten Fahrradreifen aus der Produktion, und seitdem hat Hutchinson unzählige Profis ausgestattet, darunter mehrere Tour-de-France-Sieger.

In den letzten Jahren hat Hutchinson in der Gravel- und Road-Szene eher ein Nischendasein geführt – solide Reifen, aber selten erste Wahl, wenn es um Performance ging. Doch mit der Racing Lab-Serie will Hutchinson jetzt ganz vorne mitspielen. Der Caracal Race ist ihr neuestes Modell für maximale Geschwindigkeit auf Gravel – aber kann er wirklich mit den etablierten Größen mithalten?

Wie ich auf den Reifen gekommen bin

Normalerweise teste ich Reifen ohne vorherige Recherche, um mir ein unvoreingenommenes Bild zu machen. Erst später gleiche ich meine Eindrücke mit Bicycle Rolling Resistance (BRR) ab, weil dort mit konstanten Parametern getestet wird – eine Laboreinrichtung, die mir selbst schlicht nicht zur Verfügung steht.

Beim Caracal Race lief es aber anders. Ich stolperte über den BRR-Test und konnte meinen Augen kaum trauen: der schnellste Gravelreifen, der jemals getestet wurde.

Nur ein Continental Grand Prix 5000 S TR in 32 mm war noch ein halbes Watt schneller – und das ist ein Rennradreifen. Damit schlug der Caracal Race alle anderen Gravelreifen auf dem Markt.

Das machte mich neugierig. Schnellster Gravelreifen, dazu der beste Nassgrip im Test und ein konkurrenzfähiges Gewicht? Klang fast zu gut, um wahr zu sein. Also checkte ich direkt meinen bevorzugten Online-Shop – und hatte Glück: Sie hatten ihn gerade neu im Sortiment. Zwei Tage später war er da.

Normalerweise wäre ich nie auf diesen Reifen gekommen, aber in diesem Fall musste ich einfach selbst testen, ob die Laborwerte auch auf der Straße überzeugen.

Montage & erste Eindrücke

Bei mir gilt eine einfache Regel: Ein Reifen muss ohne Reifenheber auf die Felge gehen – sonst keine Empfehlung. Ich will nicht erst in der Werkstatt kämpfen müssen, wenn ich unterwegs mal einen Platten habe.

Zum Glück: Der Caracal Race ließ sich fast schon "Schwalbe-esque" leicht aufziehen und mit einer normalen Standpumpe tubeless montieren. Kein Gefummel, kein Ärger – genau so, wie es sein sollte.

Mein Standardprozedere ist immer gleich: eine Nacht ohne Dichtmilch mit maximalem Druck stehen lassen. So kann ich sehen, wie luftdicht der Reifen ist – und er setzt sich zusätzlich noch etwas auf der Felge. Der Caracal Race hatte quasi keinen Luftverlust.

Am nächsten Tag dann 70 ml Orange Seal rein und los.

Während meiner gesamten 2000 km Testzeit hielten die Reifen extrem gut die Luft. In der ersten Nacht nach dem Befüllen schwitzte er minimal an der Lauffläche, aber das war am nächsten Tag wieder verschwunden. Keine Spur von schleichendem Druckverlust oder Problemen.

Fahreindrücke – Tempo, Grip & Haltbarkeit

„Wow, ist der fix.“

Mein erster Gedanke nach dem Wechsel vom Vittoria Mezcal 2.25, einem fast doppelt so schweren, grobstolligen Reifen.

Laut BRR ist der Caracal Race sogar schneller als der Continental GP 5000 AS, den ich zu der Zeit auf meinem Rennrad fuhr.

Konnte ich die 2-Watt-Differenz spüren? Nein. Aber ich würde lügen, wenn ich nicht sagen würde: Er fühlt sich verdammt schnell an.

Auf Asphalt rollt er fast wie ein reiner Straßenreifen. Und auf Schotter fühlt es sich an, als würde das Bike schweben.

Das ist das klassische Semi-Slick-Gefühl: Die komplett glatte Mittelbahn sorgt für maximale Geschwindigkeit, während die flachen Seitenstollen gerade genug Grip bieten, wenn man in die Kurve geht.

Das Beste daran? Der nahtlose Wechsel zwischen Straße und Gravel. Kein Gefühl, dass der Reifen auf einer Oberfläche besser oder schlechter läuft – es fühlt sich einfach durchgängig schnell an.

Grip – überraschend gut, aber mit Grenzen

Trocken, fester Untergrund: Die seitlichen Stollen bieten guten Grip in Kurven auf Kies und festgefahrenem Schotter. Auch beim Bremsen bleibt das Bike stabil und berechenbar.

Lockerer oder matschiger Boden: Hier zeigt sich die Schwäche des Semi-Slick-Designs. Bei steilen, losen Anstiegen kann das Hinterrad durchdrehen. Und in Matsch fehlt schlicht das Profil zum Greifen.

Fazit: Im Trockenen top, im Schlamm flop.

Haltbarkeit – Wie schlägt sich der Leichtbau?

Leichte Rennreifen sind oft empfindlich – also war ich gespannt.

Nach 2000 km auf Straße, Schotter und Waldwegen zeigt sich:
Keine Schnitte oder Risse in der Lauffläche
Gleichmäßiger Verschleiß, aber der Slick-Mittelsteg nutzt sich hinten schneller ab
Keine Pannen – weder Snakebite noch Durchstiche

Die 127-TPI-Karkasse ist zwar dünn, aber robust genug für trockene Gravelstrecken. Grobe Trails oder Dornenfelder würde ich damit aber nicht unbedingt fahren.

Vergleich mit dem Schwalbe G-One RS

Der Schwalbe G-One RS war bisher mein Standardreifen für schnelle Graveltouren. Wie schlägt sich der Caracal Race?

  • Rollwiderstand & Speed: Beide sind extrem schnell. Laut Labortests hat der Caracal Race einen minimalen Vorteil, in der Praxis merkt man das aber kaum.

  • Grip & Profil: Der G-One RS hat eine strukturierte Mitte, die ihm auf lockerem Schotter mehr Traktion gibt. Der Caracal Race klebt dafür auf festem Untergrund und Asphalt.

  • Haltbarkeit & Pannenschutz: Der Caracal Race wirkt robuster in der Lauffläche, während der G-One RS durch sein geringeres Gewicht etwas empfindlicher ist. Ich hatte aber mit beiden keine Panne.

  • Einsatzbereich: Der G-One RS ist die bessere Wahl für wechselnde Bedingungen, der Caracal Race glänzt auf harten, schnellen Strecken.

🔎 Mein Fazit: Wer auf maximale Geschwindigkeit auf festem Terrain aus ist, sollte zum Caracal Race greifen. Wer mehr Vielseitigkeit braucht, fährt mit dem G-One RS besser.

Einsatzbereich & Wunsch nach mehr Breite

Für mich ist der Caracal Race kein typischer Gravel-Race-Reifen, sondern eher ein perfekter Allroad-Reifen.

✔ Perfekt für gemischte Touren zwischen Straße & feinem Schotter
✔ Rollt auf Asphalt fast wie ein Rennradreifen
✔ Schnell & effizient, wenn man viel zwischen Landstraße und „Champagnergravel“ wechselt

Für richtige Gravelrennen würde ich eher auf breitere Reifen setzen – 50c oder mehr.

Ein echter Wermutstropfen: Es gibt den Caracal Race bisher nur in 40 mm Breite. Ich hoffe wirklich, dass Hutchinson bald eine 45c- oder 50c-Variante bringt – die gleiche schnelle Lauffläche, aber mit mehr Volumen für groberes Terrain.

Fazit

Der Hutchinson Caracal Race ist kein klassischer Gravel-Race-Reifen, sondern ein rasend schneller Allroad-Reifen.

Einer der schnellsten Gravelreifen überhaupt
Perfekt für Straße & harten Schotter
Nur in 40c erhältlich – größere Größen wären wünschenswert
Nicht für grobes Gelände oder Matsch

Wenn du einen Gravelreifen suchst, der auf Asphalt genauso schnell ist wie auf trockenem Schotter und der nahtlos zwischen beiden Welten wechselt – dann ist der Caracal Race genau dein Ding.

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