Gevenalle Testbericht: Friction vs. Index – Eine kleine Revolution oder einfach nur Old-School?
In einer Welt voller elektronischer Schaltungen und hyperpräziser Antriebssysteme stellt sich die Frage: Kann ein System, das in der Einfachheit der 1980er Jahre verwurzelt ist, die ultimative Lösung für moderne Radfahrer sein? Das Schalten von Gängen am Fahrrad ist heute so selbstverständlich wie das Bedienen einer Fernbedienung – schnell, präzise und in den meisten Fällen wartungsarm. Doch wie bei vielen technologischen Fortschritten bleibt die Frage: War früher wirklich alles schlechter?
In diesem Beitrag werfe ich einen Blick auf das Gevenalle-System, seine einzigartige Kombination aus Friction- und Index-Schaltung und warum es die perfekte Wahl für Abenteurer, Bikepacker und Minimalisten sein könnte.
Diese Rad mich damals mit dem Gevenalle-System bekannt gemacht
Wie ich Gevenalle entdeckte
Meine Reise mit Gevenalle begann eher zufällig. Ich stolperte über die Website von Fern Fahrräder, einem Rahmenbauer aus Berlin. Flo, der Mann hinter Fern, baut seit einiger Zeit Räder mit diesem einzigartigen Schaltsystem. Das weckte meine Neugier.
Damals suchte ich nach einer Möglichkeit, ein 12-fach-Mountainbike-Schaltwerk an meinem Rennlenker zu betreiben. Zu dieser Zeit gab es kaum Optionen, um das zu realisieren – abgesehen von Barend-Schalthebeln oder eben Gevenalle. Das Konzept faszinierte mich: eine Mischung aus Einfachheit und Funktionalität. Also bestellte ich mein erstes Set, und seitdem bin ich wirklich zufrieden damit.
Wer oder was ist Gevenalle?
Gevenalle ist ein kleines Unternehmen aus Portland, Oregon, das sich auf Schalt- und Bremssysteme spezialisiert hat, die auf Langlebigkeit und Einfachheit ausgelegt sind. Der Name selbst setzt sich aus den niederländischen Wörtern „geven“ (geben) und „alle“ (alle) zusammen und spiegelt die Philosophie des Unternehmens wider: hochwertige Produkte für alle Radfahrer anzubieten. Gevenalle spricht diejenigen an, die ihre Fahrräder wie ihren Kaffee mögen – stark, zuverlässig und ohne unnötigen Schnickschnack. Ob du dich durch den Stadtverkehr schlängelst oder an Wochenenden die Landschaft genießt – diese Komponenten haben dich immer im Blick. Sie sind wie der Freund, der sich nie beschwert, egal wie das Wetter ist oder wie lang die Strecke.
Das Gevenalle-System: Wie funktioniert es?
Im Kern des Gevenalle-Systems steht ein modifizierter Single-Speed-Hebel. Ursprünglich ist es nur ein Bremshebel, der jedoch um einen zusätzlichen Schalthebel erweitert wurde. Gevenalle bietet die Möglichkeit, entweder einen Downtube-Schalthebel oder einen Bar-End-Schalthebel an diesem Hebel zu befestigen.
Die Kombination aus Brems- und Schaltmechanismus ergibt den Gevenalle-Brems-Schalt-Hebel. Du kannst die Hebel entweder ohne Schalthebel kaufen und deine eigenen verwenden oder sie mit bereits installierten Friction-Schalthebeln bestellen. Diese Flexibilität ermöglicht es Fahrern, ihr Fahrrad genau nach ihren Wünschen einzurichten. Es ist eine robuste und unkomplizierte Lösung, die zu fast jedem Fahrradaufbau passt.
Gevenalle bietet mittlerweile mehrere Hebeloptionen an. Das OM-System, welches oben auf den Bildern zu sehen ist, basiert auf Tektros Shortpull-Hebel, während das Gran-Compe-System Dia-Compe-GC08-Hebel verwendet. Letzteres besticht durch sein Retro-Design in Kombination mit moderner Leistung.
Was das Gevenalle-System so einzigartig macht, ist die Unterstützung sowohl für Friction- als auch für Index-Schaltungen. Während viele Downtube-Schalthebel nur Friction-Schaltung bieten, gibt es tatsächlich eine lange Tradition von Vintage-Hebeln von Shimano, Suntour und Campagnolo, die beide Optionen boten, als die Index-Schaltung eingeführt wurde. Selbst heute bieten Shimanos Bar-End-Schalthebel diese Dualfunktionalität. Gevenalle- und Microshift-Hebel ermöglichen ebenfalls die Verwendung von Index-Schaltungen. Diese Vielseitigkeit eröffnet viele Möglichkeiten für Fahrer, je nach ihren Schaltpräferenzen.
Friction vs. Index-Schaltung: Eine kurze Einführung
Für diejenigen, die mit den Begriffen nicht vertraut sind:
Index-Schaltung: Die heute gebräuchlichere Art des Schaltens. Der Schalthebel rastet bei jedem Gangwechsel ein. Du schaltest vom 3. in den 4. Gang, und das Schaltwerk bewegt sich präzise in die entsprechende Position. Das Ergebnis? Schnell, präzise und intuitiv.
Friction-Schaltung: Die „Old-School“-Methode. Der Schalthebel bewegt sich frei, und es liegt am Fahrer, die Kette korrekt auf den Ritzel zu positionieren. Keine Klicks, keine Indexierung – alles manuell.
Stell dir die Friction-Schaltung wie das manuelle Einstellen eines Radiosenders vor – es geht um Gefühl und Präzision, während die Index-Schaltung wie das Drücken von voreingestellten Tasten an einem Autoradio ist.
Warum ich mich für Gevenalle entschieden habe: Eine persönliche Geschichte
Ich verwende das Gevenalle-System seit etwa 2,5 Jahren, und es ist zu einer meiner Lieblingskomponenten geworden. Mein Bikepacking-Trip durch die Toskana ist ein gutes Beispiel dafür. Ich machte den klassischen Fehler, ohne ein Ersatz-Schaltauge loszufahren – und natürlich verbog es sich auf halber Strecke. Ein Albtraum für jeden, der eine Index-Schaltung verwendet. Aber dank des Friction-Schalthebels konnte ich problemlos weiterfahren. Ich stellte den Hebel einfach so ein, dass die Kette sauber lief. Kein Herumfummeln, keine Kompatibilitätsprobleme – einfach weiterfahren. Ehrlich gesagt rettete das meinen Trip, und ich war wirklich dankbar für meine Wahl.
Vor- und Nachteile der Friction-Schaltung
Warum das Gevenalle-System oder Friction-Schaltung?
Zuverlässigkeit: Keine Abhängigkeit von ultrapräzisen Einstellungen. Wenn dein Schaltwerk leicht verstellt ist – kein Problem. Du justierst es einfach mit dem Hebel.
Langlebigkeit: Weniger Komponenten bedeuten weniger Verschleiß. Friction-Schalthebel ermöglichen es, Teile viel länger zu verwenden, selbst wenn moderne Index-Systeme nicht mehr richtig funktionieren würden.
Flexibilität: Du bist nicht an ein bestimmtes Ritzel oder eine bestimmte Kette gebunden. Solange die Kette auf den Ritzel passt, ist alles gut.
Minimalismus: Weniger ist mehr. Keine Akkus zum Aufladen, keine komplexe Elektronik – einfach robuste, analoge Technik, die ihren Job erledigt.
Die Nachteile der Friction-Schaltung
Lernkurve: Es erfordert etwas Übung, mit einem Friction-Schalthebel effizient zu schalten. Auf anspruchsvollem Gelände oder bei schnellen Gangwechseln kann das knifflig sein.
Mangelnde Präzision: Bei älteren oder weniger präzisen Systemen kann es passieren, dass man „zwischen“ zwei Gängen landet, was zu lautem Schalten führt. Dies ist jedoch bei modernen 11- oder 12-fach-Systemen weniger ein Problem, da der Abstand minimal ist.
Optik: Das Gevenalle-System verwendet einen Downtube- oder Barend-Schalthebel mit direktem Zugverlauf, was nicht jedermanns Geschmack entspricht. Mich stört es persönlich überhaupt nicht.
Fazit: Ist Gevenalle der ultimative Abenteuer-Schalthebel?
Gevenalle ist nicht für jeden geeignet. Wenn du der Typ bist, der von perfekten Strava-Segments träumt und Millisekunden von deinen Schaltvorgängen abknapsen willst, bist du wahrscheinlich mit einer Index- oder elektronischen Schaltung besser bedient. Aber für diejenigen unter uns, die ihre Fahrräder ein bisschen analoger mögen, trifft Gevenalle den Nagel auf den Kopf.
Sicher, es ist ein bisschen eigenwillig, und du musst deinen Fahrkumpels vielleicht erklären, warum dein Fahrrad aussieht, als wäre es in den 80ern stecken geblieben. Aber sobald du es ausprobiert hast, wirst du merken, dass Einfachheit kein Kompromiss bedeutet. Tatsächlich sind Geschwindigkeit und Präzision des Gevenalle-Systems überraschend – es ist nicht langsam, es ist einfach anders.
Ich bin seit etwa fünf Jahren leidenschaftlicher Radfahrer, und obwohl ich Gevenalle erst seit der Hälfte dieser Zeit nutze, ist es definitiv meine Lieblingskomponente. Es ist robust, anpassungsfähig und perfekt für die Art des Fahrens, die ich mache. Es geht nicht darum, trendy zu sein, sondern darum, Ausrüstung zu haben, die funktioniert, wenn man sie am meisten braucht. Und dafür hat sich Gevenalle einen festen Platz an meinem Fahrrad verdient.
Deine Meinung zählt
Hast du schon einmal mit einer Friction-Schaltung oder dem Gevenalle-System gefahren? Lass es mich in den Kommentaren wissen – ich bin gespannt auf deine Erfahrungen!