SQlab 314 Testbericht: Ein Gravel-Lenker mit Charakter – doch nicht ohne Kompromisse

Während einer 700 km langen Bikepacking-Tour durch das wunderschöne Piemont in Italien konnte ich den SQlab 314 Lenker ausführlich testen. Das Ergebnis? Ein Lenker, der mit Komfort und Ergonomie punktet, aber auch ein paar Einschränkungen hat, die potenzielle Käufer:innen kennen sollten.

Technische Daten:

Preis 130€ (16.12.24 SQLab) (kostenlos für diesen Test erhalten)

Gewicht 333g (in 44cm)

Form 25mm Rise, Frontsweep 10-2° wird flacher zu den Hoods, 120mm Drop, 14° nach den Bremsgriffen und 90mm Reach in der 44cm Variante (Erhältlich in 40-46cm)

SQLab 314 Gravellenker

Der SQLab 314 Gravellenker sieht nicht nur gut aus sondern ist auch noch sehr bequem!

Ergonomie und Komfort – Ein Highlight für lange Touren

Ich denke, zur Firma SQlab muss ich nicht mehr viel sagen. Die Taufkirchener entwickeln und verkaufen zahlreiche beliebte Komponenten, die ergonomisch gestaltet sind und der Steigerung des Komforts dienen. Von Lenkern über die bekannten Sättel bis hin zu Bekleidung ist für jeden etwas dabei. Da ich ein großer Fan ihres Gravelsattels, des 614ers, bin, war ich besonders gespannt darauf, wie SQlab einen Lenker für den Gravelbereich interpretiert.

Im Frühjahr war es dann so weit: Ich konnte den Lenker montieren und habe ihn seither auf vielen Ausfahrten und Touren ausgiebig getestet. Schauen wir uns den 314 also gemeinsam genauer an.

Was einem als Erstes auffällt, sind die 25 mm Rise, die den Lenker nach oben stellen und so den Fahrer in eine aufrechtere Sitzposition bringen. Auf den zweiten Blick bemerkt man das besondere, aber typisch SQlab-ähnliche Design. Der Gravellenker orientiert sich stark am 312er Rennradlenker. Das eigentliche Highlight beider Modelle ist der Frontsweep, der besonders im Oberlenker stark ausgeprägt ist und zu den Hoods hin abflacht.

Laut SQlab sorgt diese Form dafür, dass die Handgelenke in eine natürliche Position kommen, wenn man den Lenker schmaler greift als seine Schulterbreite – was nach SQlab-Logik im Oberlenker immer der Fall ist. Denn empfohlen wird, den Lenker maximal 1–2 cm breiter als die eigene Schulterbreite zu wählen.

Optisch wirkt der 314 auf den ersten Blick fast wie ein Rennradlenker und unterscheidet sich deutlich von den häufig extrem ausgestellten Gravellenkern. So besitzen die Hoods überhaupt keinen Flare, während der Unterlenker unten mit 14° deutlich ausgestellt ist. Der Oberlenker hingegen bietet eine große und komfortable Auflagefläche.

Insgesamt war der Lenker eine deutliche Umstellung im Vergleich zu meinem bisherigen Redshift-Gravellenker. Zwar haben beide den Rise gemeinsam, aber ansonsten verfolgen die Modelle völlig unterschiedliche Ansätze. Während der Redshift auf Backsweep und viel Flare setzt, geht der SQlab mit Frontsweep und minimalem Flare in die entgegengesetzte Richtung.

Im Lenkerbereich bin ich deutlich weniger sensitiv als beim Sattel, weshalb ich mich recht schnell umgewöhnen konnte. Die Oberlenker-Position des SQlab 314 hat mich jedoch auf Anhieb überzeugt. Mit seiner großzügigen Auflagefläche bietet er eine äußerst bequeme Griffposition, die besonders auf langen Strecken ein echter Pluspunkt ist.

Der Reach-Wert von 90 mm – etwas mehr als bei klassischen Gravellenkern – könnte für manche Fahrer:innen eine Anpassung am Vorbau notwendig machen. Dafür verbessert der zusätzliche Frontsweep den Komfort spürbar. Auch der 25 mm Rise trägt seinen Teil dazu bei, eine etwas aufrechtere Sitzposition einzunehmen, was viele Gravel-Fahrer:innen sicher zu schätzen wissen.

 

Kritikpunkte: Klemmbereich, Lenkerbreite und Rise

Doch nicht alles ist perfekt. Der Klemmbereich des Lenkers ist schlichtweg zu klein, um Aerobars zu montieren – ein klares Ausschlusskriterium für Bikepacker:innen, die auf diese Erweiterung angewiesen sind. Zudem starten die verfügbaren Lenkerbreiten erst bei 40 cm, und SQlab empfiehlt, den Lenker in Schulterbreite plus 1–2 cm zu wählen. Für Fahrer:innen mit schmaleren Schultern, insbesondere Frauen, wäre jedoch eine 38-cm-Option wünschenswert.

Ein weiterer Punkt ist der Umfang des Oberlenkers. In Kombination mit dem SQlab 714 Lenkerband kann dieser für Menschen mit kleineren Händen zu voluminös sein – ein Problem, mit dem mein Mitfahrer während unserer Tour zu kämpfen hatte.

Der Klemmbereich ist einfach zu klein für Aerobars. Selbst mit der Standard Garmin Halterung wurde es knapp

Auch der oben angesprochene Rise kann als Nachteil empfunden werden. Wer lediglich die ergonomischen Vorteile des Lenkers nutzen möchte, jedoch mit der aktuellen Höhe seines Cockpits zufrieden ist, könnte enttäuscht sein. In solchen Fällen bleibt oft nur die Option, mit negativen Vorbauten zu arbeiten – sofern dies überhaupt möglich ist.

Der Reach-Wert von 90 mm könnte ebenfalls dazu führen, dass manche Fahrer:innen die Vorbaulänge um 1 cm anpassen müssen. Zwar ist dies in der Regel keine große Herausforderung, bringt jedoch zusätzliche Kosten mit sich. Zudem werden nicht alle Fahrer:innen die 10 mm Unterschied im Reach überhaupt spüren.

Mit 330 g ist der Lenker für einen Alu-Lenker in dieser Preisklasse nicht besonders leicht. In der Praxis spielt das Gewicht zwar kaum eine Rolle (pun intended), doch für viele Käufer:innen könnte dies ein Kritikpunkt sein. Trotzdem sollte bei Kontaktpunkten wie dem Lenker der Fokus immer auf Komfort liegen – und hier punktet der SQlab 314 deutlich.

SQlab 714 Lenkerband – eine sinnvolle Ergänzung

Das passende SQlab 714 Lenkerband wurde speziell für den 314 Lenker und Gravel-Fahrten entwickelt. Es punktet durch seine Dicke und hervorragende Dämpfung, die selbst nach 2000 km nichts von ihrer Performance eingebüßt haben. Mit einem UVP von 50 € gehört es zwar zu den teureren Optionen, doch in meinen Augen ist die Investition gerechtfertigt.

Der Grip war durchweg ausgezeichnet – besonders jetzt bei kalten Temperaturen und Handschuhen habe ich nichts zu beanstanden. Einzig während der Bikepacking-Tour im Piemont bei 38–40°C wurde es etwas schwierig. Meine Hände fühlten sich wie Wasserfälle an, und ich bin gelegentlich leicht abgerutscht. Allerdings bin ich überzeugt, dass kein Lenkerband unter diesen Bedingungen besser abgeschnitten hätte.

Fazit – Eine Empfehlung mit Einschränkungen

Der SQlab 314 ist ein durchdachter Lenker mit starker Ergonomie, der sich besonders für lange Touren eignet. Dennoch würde ich mir wünschen, dass SQlab eine Version ohne Rise, in schmaleren Breiten und mit einem größeren Klemmbereich für Aerobars anbietet.

Für Gravel-Fahrer:innen, die einen komfortablen Lenker suchen und auf Aerobars verzichten können, ist der SQlab 314 eine klare Empfehlung. Das Preis-Leistungs-Verhältnis passt, auch wenn der Lenker zu den teureren Aluminium-Modellen gehört. Wer Wert auf Komfort legt und keine ultrakompakte Breite benötigt, wird mit dem 314 zufrieden sein.

Ich wünsche euch allen frohe Festtage! Um Neujahr herum erwartet euch noch ein weiterer Testbericht – vielleicht findet ihr in den freien Tagen etwas Zeit zum Lesen.

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