Vpace T3ST testbericht

Der Sommer ist nun endgültig vorbei, und in manchen Ecken der Nordhemisphäre fängt es schon an zu schneien. Doch bevor wir uns vollständig auf die winterlichen Monate einstellen, gehen wir jetzt nochmal zurück ins Frühjahr und Sommer, in dem ich die Gelegenheit hatte, das T3ST von VPACE zu testen. Wie mir das gesamte Erlebnis gefallen hat und für wen dieses besondere Rad perfekt geeignet ist, schauen wir uns jetzt gemeinsam im Folgenden etwas genauer an!

Technischen Daten:

  • Preis: 1799€ für den Rahmen, optional gibt es eine Carbongabel (349€) oder eine einzigartige Titangabel (799€) (auf meine Anfrage kostenlos geliehen)

  • Gewicht: Der Rahmen wiegt ca. 1.8 kg in Größe M, die Carbongabel ca. 550g und die Titangabel 860g

  • Rahmenmaterial: Titan, Gabel Carbon oder Titan (wirklich die ganze Gabel inkl. Steuerrohr), Reifenfreiheit 45c offiziell, vorne bekommt ihr aber auch einen etwas grösseren Reifen herein

  • Sattelstütze 27,2 mm, 1-Fach und 2-Fach möglich, Bremsaufnahme ist hinten und vorne Flat-Mount 140 oder 160 mit Adapter. Die Titangabel hat Flatmount 160 und mit Adapter 180

Das VPACE TS3T Speedtraveller mit Titangabel

Ursprünglich bin ich damals auf meiner Suche nach Inspiration für mein selbstgebautes Gravelbike auf VPACE gestossen bei dem ich mir damals das TMX-Adventurerad sehr genau angeschaut habe. In dem Review habe ich auch erwähnt, dass VPACE auch noch eine anderes interessantes Ross im Stall hat, das T2ST. Quasi ein Alleskönner. Als dann im Herbst 2023 das neue T3ST angekündigt wurde war ich dann doch schon sehr gespannt das Rad welches als eierlegende Wollmichsau beschrieben wird zu testen. Das habe wir dann auch im Frühling hinbekommen und hatte genug Zeit mich mit dem Rad vertraut zu machen und rauszufinden wo seine Stärken und Schwächen liegen. Wer noch direkt mehr über die Marke VPACE wissen möchte, der sollte noch die Präambel vom TMX-Review lesen, da habe ich noch etwas mehr dazu geschrieben. Schauen wir uns doch mal was sich zum Vorgänger geändert hat. die Geometrie an.

Was hat sich vom Vorgänger zum T3ST geändert

Bevor wir uns die Geometrie anschauen, schauen wir nochmals kurz an was alles neu am T3ST ist gegenüber seinem Vorgänger

- Zum einen hat sich der Tretlagerstandard von BSA zu T47 geändert. Wie ich damals bereits im Eurobikerecap 2023 geschrieben habe, ist das sehr wahrscheinlich der Tretlagerstandard, der sich bei vielen Rädern durchsetzen wird. Was bedeutet dieser Wechsel? T47 hat einen Grösseren Durchmesser als BSA und versteift so den Tretlagerbereich etwas. Der Grössere Durchmesser hat aber auch zufolge, dass die Kabelführung nun komplett vom Unterrohr bis zum Schwaltwerk bzw. Bremse intern verlaufen kann. Beim T2ST war dies noch nicht möglich. Dadurch lassen sich die Kabel optisch etwas schöner führen. Dieser Wechsel versteift das Rad auch nicht zu sehr, der Rahmen flext immer noch so, wie man es sich von einem Titanrahmen erhofft.

- Die Kettenstenstreben sind um 5mm gewachsen, das macht das Rad etwas stabiler macht aber vor allem Platz für etwas grössere Reifen. Der Rahmen erlaubt jetzt bis zu 45c grossen Reifen in 700c

Allgemein sind beide Änderungen keine extremen Neuerungen, aber inkrementelle Steigerungen sind bei einem bereits guten Rahmen oft die Richtige Herangehensweise.

Was hier meiner Meinung nach fehlt ist der Wechsel von einem “normalen Schaltauge” auf UDH (SRAMS Universelles Schaltauge), aber der Rahmen wurde entwickelt, als das noch nicht der neue Standard war. Dies wird aber wahrscheinlich bei den nächsten Chargen vom T3ST umgesetzt! Ich spare mir meine volle Meinung zum UDH für einen anderen Artikel auf aber kurzgefasst bin ich der Meinung jeder neue Rahmen, der Scheibenbremsen benutzt sollte mit UDH kommen

Schauen wir uns dann jetzt doch mal die Geometrie an, dann wissen wir auch mit was wir es bei dem T3ST zu tun haben.

Geometrie

Größe Oberrohr Steuerrohr Sitzrohr Kettenstrebe Reach Stack BB-Drop

XS 515 130 mm @ 70,5° 480 @ 73,5° 435 350 558 72mm

S 552 150 mm @ 71° 540 @ 73° 435 360 578 72mm

M 583 175 mm @ 71,5° 560 @ 73° 435 380 604 72mm

L 601 190 mm @ 72° 580 @ 73° 435 395 620 72mm

XL 601 210 mm @ 72,5° 600 @ 73° 435 405 641 72mm


Stell dir vor, du baust ein Fahrrad wie ein Architekt ein Haus – du fängst nicht bei den Fenstern an, sondern beim Fundament, und das Fundament deines Fahrrads ist die Geometrie. Klingt erstmal mathematisch kompliziert, aber keine Sorge, du musst keine Winkel berechnen, um es zu verstehen! Die Geometrie beschreibt im Grunde, wie die verschiedenen Teile deines Fahrrads – der Rahmen, der Lenkwinkel, der Radstand – zueinanderstehen. Ob du gemütlich wie auf einem Sofa fährst oder dich wie auf einem Rennpferd nach vorne streckst, hängt von diesen Maßen ab. Wenn das Fahrrad das perfekte Gleichgewicht zwischen Geschwindigkeit und Komfort finden soll, ist die Geometrie der geheime Bauplan, der alles zusammenhält – nur ohne komplizierte Formeln. Die Räder, die ich zuvor getestet habe, gingen eher in die Richtung Mountainbike oder Dropbar-Mountainbike (langer Radstand, flacher Lenkwinkel etc.). Aber das T3ST will die eierlegende Wollmilchsau sein und steht vor der schwierigen Aufgabe, eine Geometrie zu finden, mit der man sowohl angenehm zur Arbeit fahren, abends eine Runde mit den Rennradkollegen drehen, als auch in den Ferien über Stock, Stein und alpine Schotterpässe jagen kann. Keine leichte Aufgabe.

Tatsächlich ist die Geometrie von dem T3ST quasi identisch zu meinem eigenen “Allroadbike” welches ich noch nicht vorgestellt habe, von daher habe ich mit der Geometrie nicht nur Erfahrungen während des eigentlichen Tests machen können. Ich habe das T3ST auch versucht in vielen verschiedenen Situationen zu testen und was kann ich sagen? Das Rad hat sich überall gut geschlagen. Der Steuer- und Sitzwinkel sind sehr neutral und fallen in keiner der oben angesprochenen Disziplinen schlecht oder unangenehm auf. Auf Asphalt und Schotter-Deluxe hat mir das Rad am besten gefallen, wenn das Gelände gröber als das wird, fehlt eher etwas die Reifengröße und persönliche Fähigkeit das Rad durch solches Gelände zu bewegen. Man sollte sich immer bewusst sein, dass ein Allrounder in keinem Bereich so herausragend sein wird wie ein Spezialist. Ein Rennrad ist spritziger und ein Mountainbike bietet mehr Sicherheit im Gelände, dominiert jedoch jeweils nur in diesen spezifischen Bereichen. Ein Allrounder wie das T3ST hingegen kann in vielen Situationen eingesetzt werden – ideal für alle, die nicht fünf verschiedene Räder in der Garage haben wollen, sondern eines, das (fast) alles kann.

Die Kettenstreben sind lang genug, um Stabilität zu gewährleisten, aber nicht so lang, dass das Rad träge wird, wenn man aus dem Sattel geht. Stack und Reach orientieren sich eher an einem Endurance-Rennrad, was mir auf allen Streckenlängen sehr angenehm war

Auststattung

Wie bereits in meinem Review zum TMX erwähnt, ist die Ausstattung bei VPACE etwas Besonderes. Man kann das Rad entweder als Komplettaufbau oder nur als Rahmenset erwerben. Die Wahl der Komponenten erfolgt im Austausch mit dem kompetenten Team bei VPACE. Diese Herangehensweise finde ich hervorragend, denn sie verhindert, dass man nach dem Kauf sofort mehrere Teile austauschen muss, wie es bei vielen anderen Herstellern oft der Fall ist. Trotzdem interessiert es mich immer, wie ein Testbike ausgestattet ist und wie sich diese spezielle Interpretation fährt.

Beim getesteten Rad war die komplette Shimano 810er-Gruppe (2x11, 48/31 mit 11-34 Kassette) verbaut, die meiner Meinung nach perfekt zu diesem Rad passt. Warum? Sie bietet einen enormen Übersetzungsbereich, der es ermöglicht, steile Anstiege in einer gesunden Kadenz zu bewältigen und auf der Abfahrt trotzdem ordentlich Tempo zu machen. Mein persönlicher Tipp wäre, diesen Übersetzungsbereich mit der 11-40er Shimano XT Kassette noch zu erweitern – ideal, wenn der Anstieg doch mal zu steil ist oder man mit viel Gepäck unterwegs ist.

Ansonsten würde ich an der Ausstattung kaum etwas ändern. Die Ritchey Sattelstütze und der Lenker sind solide Komponenten, und etwas von Tom Ritchey am Rad zu haben, kann nie schaden. Die Mavic-Laufräder in Kombination mit den Schwalbe G-One RS Reifen haben sich ebenfalls als sehr angenehm erwiesen – nicht zu schwer, und von den G-One Reifen bin ich ohnehin ein Fan. Für Vielfahrer wäre der G-One Overland vielleicht eine bessere Wahl, da der G-One RS zwar schnell ist, sich aber auch recht schnell abnutzt

Titangabel - Sinnvoll oder Geldverschwendung?

Mein erster Eindruck, als ich die neue Titangabel sah, war schlichtweg 'Wow'. Als ich den Aufpreis bemerkte, wandelte sich das zu einem etwas nüchterneren 'wow'. Eine Titangabel ist und bleibt ein polarisierendes Element, aber für mich hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck: Sie verleiht dem Rad einen völlig neuen Look. Titanräder haben oft den typischen silbergrauen Rahmen und sind mit schwarzen Carbongabeln versehen, was sie auf den ersten Blick ähnlich aussehen lässt. Doch das T3ST sticht mit der neuen Gabel deutlich heraus – sie schafft einen Look, der sich für mich stimmig und unverwechselbar anfühlt.

Was das Fahrgefühl angeht, bleibt die Gabel unauffällig – was auf den ersten Blick vielleicht nicht positiv klingt. Doch Titangabeln galten für mich immer als eher hart im Fahrverhalten. Ja, sie wiegt 300g mehr als eine Carbongabel, aber spielt das wirklich eine Rolle? Meiner Meinung nach nicht. Gewicht wird oft überbewertet. Als jemand, der viel mit dem Rad unterwegs ist, auch auf Reisen (ob mit dem Zug oder vielleicht irgendwann mit dem Flieger), fühle ich mich mit einer Titangabel deutlich wohler. Dieses Mehr an Stabilität und Sicherheit ist für mich entscheidend – und ich glaube, viele, die sich für einen Titanrahmen entscheiden, sehen das ähnlich. Wer jedoch auf jedes Gramm achtet, wird ohnehin zu einer Carbonvariante greifen.

Für mich persönlich ist die Titangabel die bessere Wahl. Nicht, weil die Carbongabel in irgendeiner Weise schlecht wäre, sondern weil ich den kompletten Titanlook einfach liebe. Der Aufpreis von 450 € ist zwar nicht ohne, aber wer mit dem T3ST einen echten Allrounder sucht, wird diesen Preis vermutlich akzeptieren.

FÜR WEN IST DAS VPACE T3ST DAS RICHTIGE BIKE? UND FÜR WEN NICHT?

Das VPACE T3ST ist die perfekte Wahl für Radfahrer, die ein vielseitiges Bike suchen, das sich in vielen unterschiedlichen Szenarien bewährt. Es eignet sich für Pendler, die ein zuverlässiges und komfortables Rad für den täglichen Weg zur Arbeit benötigen, ebenso wie für Freizeitsportler, die abends mit den Rennradkollegen eine schnelle Runde drehen möchten. Auch Abenteurer und Bikepacking-Enthusiasten werden es schätzen, da es dank seiner robusten Bauweise und ausgewogenen Geometrie lange Touren auf Straßen, Schotter und sogar leichten Trails mühelos bewältigen kann. Wer also ein Fahrrad sucht, das in vielen Bereichen eine gute Figur macht und dabei nicht fünf verschiedene Räder in der Garage stehen haben will, trifft mit dem T3ST eine ausgezeichnete Wahl.

Weniger geeignet ist das T3ST für diejenigen, die in einem speziellen Bereich maximale Performance erwarten. Rennradfahrer, die bei jedem Antritt nach maximaler Spritzigkeit streben, oder Mountainbiker, die technisch anspruchsvolle Trails meistern möchten, werden eher auf spezialisierte Bikes zurückgreifen wollen. Zudem könnte das höhere Gewicht der Titangabel für Fahrer, die extrem auf Gewicht achten, ein Argument gegen das T3ST sein. Auch wer hauptsächlich auf extrem grobem Gelände unterwegs ist, ist mit dem VPACE TMX wahrscheinlich besser bedient, da das T3ST eher für gemischte Einsätze ausgelegt ist.

Die neue Titangabel sieht nicht nur gut aus, sondern ist mit seinen Mounts auch super funktionell

 

POSITIV

Die Geometrie macht Spaß und ermöglich das Rad wirklich vielseitig einzusetzen. Pendeln, Lange Ausfahrten auf Asphalt oder auch die Waldautobahn ist kein Problem

Titanrahmen fahren sich meiner Meinung nach sehr komfortabel

Der Rahmen hat alle Anschraubpunkte, die für Bikepacking oder längere Touren braucht

NEUTRAL

Der Preis ist denke ich noch fair. Titanrahmen mit deutschem Garantie-/Ansprechpartner für unter 2000€ ist immer noch ein guter Deal.

Der Rahmen wiegt mit etwa 1,8 kg zwar nicht wenig, ist dafür aber so robust gebaut, dass er ein Leben lang halten sollte.

Beim getesteten Rahmen war noch ein herkömmliches Schaltauge verbaut, aber in Zukunft wird auf das UDH-System umgestellt, was diesen Aspekt dann klar zu einem Vorteil macht.

Der T47-Standard bietet zwar Vorteile in Bezug auf Steifigkeit und Platz gegenüber BSA, jedoch ist die Auswahl an verfügbaren Komponenten auf dem Markt derzeit (Herbst 2024) noch begrenzt.

Die Geometrie kann gegen einen Aufpreis noch etwas individualisiert werden. Etwas kürzer? Kein Problem. Etwas höher? Ebenfalls kein Problem

Interne Kabelführung ist immer Geschmackssache, ich hätte lieber eine externe Kabelführung

NEGATIV

Die Reifenfreiheit sollte meiner Meinung nach 50mm sein (Die Titanabel schafft das, aber der Rahmen nicht)

FAZIT

Lange Rede kurzer Sinn, das T3ST ist klasse. Kein unnachvollziehbaren Aero oder Steifigkeitsversprechen oder sonstiger Schnick Schnack - einfach ein super Rad was in der neuen Version an sinnvolle moderne Trends angepasst wurde und mit allen Mounts und Reifenfreiheit kommt die man realistisch braucht. Die Geometrie ist vielseitig genug um wirklich sagen zu können, dass es ein echter Alleskönner ist. Wer den ultimativen Titanlook vollenden will kann das beim T3ST ebenfalls umsetzen und eine Titangabel dazu ordern die nicht nur gut aussieht sondern auch alle positiven Eigenschaften. Wenn man meckern will, dann geht das nur auf hohem Niveau denn über viel mehr als den Preis der Titangabel und der meiner Meinung nach minimal unterdosierten Reifenfreiheit gibt es nichts zu motzen. Wie ich am Anfang erwähnt habe, habe ich ein Carbonallroadrad was quasi geometrisch identisch ist und wenn ich nochmals wählen könnte würde ich sicher das T3ST inklusive der Titangabel wählen!

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